Abstrakt: |
1793 wurde Botulismus, eine “Lebensmittelvergiftung” mit potenziell tödlichem Verlauf, erstmals in Zusammenhang mit Verzehr von verdorbenen Würsten beschrieben, aber erst um 1900 konnte van Ermengen das Exotoxin von Clostridium botulinum (BT) als Ursache dieser Erkrankung erkennen. Weitere biochemische Versuche in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erbrachten schließlich Erkenntnisse über Wirkmechanismus und Existenz 7 verschiedener Serotypen (BT/A–G). Therapeutisch verwendet wurde BT/A erstmals 1977 in den USA von Scott, der damit Strabismuspatienten behandelte. Die Injektion von minimalen Dosen des Toxins in ausgewählte Muskeln erwies sich in weiterer Folge auch bei Blepharospasmus, Tortikollis und einer Vielzahl anderer noch nicht registrierter Indikationsbereiche als effektiv. Seit den ersten Anwendungen in Deutschland (Roggenkämper, Dressler, Benecke) und Österreich (Poewe, Auff) in den späten 80er Jahren kam es zu einer raschen Verbreitung der Therapie durch immer mehr Anwender aus immer mehr Fachrichtungen. Im Forschungsmittelpunkt des vergangenen Jahrzehnts stand die Molekularstruktur des BT und eine mögliche Verwendbarkeit weiterer BT-Serotypen zur Umgehung des durch Antikörperbildung hervorgerufenem sekundären Therapieversagens. Eine Vermarktung des Serotyps B und die Verfügungbarkeit einfacherer Antikörpertestverfahren sowie die Zulassung neuer Indikationen werden in naher Zukunft erwartet. Botulism, a potentially lethal form of paralytic food poisoning, was described as early as 1793. Basic research, especially in the late nineteenth and early twentieth centuries, revealed that botulism is caused by exotoxins. Further biochemical work around and after the Second World War gave insight into the molecular structure of seven different serotypes of botulinum toxin (BT/A–G) as well as into its acetylcholine blocking mode of action. In 1977, Scott treated patients with strabism by injecting minute amounts of purified BT/A. In short sequence, BT proved effective in blepharospasm, cervical dystonia, and various off-label indications. In the near future, registration of these new indications, marketing of new serotypes (BT/B), and availability of more practical antibody tests can be expected. The first applications of BT were performed by Roggenkaemper, Dressler, and Benecke in Germany and by Poewe and Auff in Austria. According to a worldwide trend, a rapid expansion regarding BT users and indications followed. Formation of BT competence centers in both countries aims at maintaining high standards in BT research and education. |