Die Geburt des Risikos. Kontingenz und kaufmännische Praxis im mediterranen Seehandel des Hoch- und Spätmittelalters
Autor: | Benjamin Scheller |
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Rok vydání: | 2017 |
Předmět: | |
Zdroj: | Historische Zeitschrift. 304:305-331 |
ISSN: | 2196-680X 0018-2613 |
DOI: | 10.1515/hzhz-2017-0008 |
Popis: | Zusammenfassung Das Konzept des Risikos entstand seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in zwei Etappen, und zwar im Milieu des mediterranen Seehandels. Die Fernkaufleute der italienischen Seerepubliken waren die ersten Virtuosen des Risikos und sollten es lange Zeit bleiben. Seit Mitte des 12. Jahrhunderts hatten sie gelernt, kontingente Schäden entweder der Umwelt ihrer Unternehmung oder aber ihren Entscheidungen zuzurechnen und damit Gefahr und Risiko zu unterscheiden. Den Anlass hierzu gab die Differenzierung der Rollen von Kapitalgeber und reisendem Kaufmann im neuen Typ der Seehandelsunternehmung, der Commenda. Durch sie trat im Seehandel zu den Unwägbarkeiten des Marktgeschehens und den Gefahren des Meeres ein dritter kontingenter Faktor hinzu: das für den Investor unvorhersehbare Handeln seines reisenden Geschäftspartners. Dies warf die Frage der Zurechnung finanzieller Fehlschläge in ganz neuer Weise auf. Mit der Entstehung der Seeversicherung im 14. Jahrhundert begannen italienische Fernkaufleute dann, übernommene Risiken immer genauer zu bestimmen, in ihrer räumlichen und zeitlichen Dimension und mit der Entstehung der Prämienversicherung auch hinsichtlich ihrer Preise. Diese bildeten sich am Markt und indizierten gleichzeitig, wie die Beteiligten die nunmehr vergegenständlichten Risiken kalkulierten. Kontingente Schadensereignisse wurden so zu Waren. Die Zukunft hatte von nun an ihren Preis. Allerdings bedeutetete dies nicht immer, dass sie damit berechenbar geworden wäre. Denn der Preis des Risikos wurde zwar vielfach auf der Basis beobachteter Regelmäßigkeiten kalkuliert. In anderen Fällen jedoch konnte er rein spekulativ sein. Dabei standen weder die Unterscheidung von Risiko und Gefahr, noch die Vergegenständlichung des Risikos im Widerspruch zur Vorstellung einer Weltordnung, die letztlich auf Gottes unerfindlichen Ratschluss zurückzuführen sei. So sahen es die Fernkaufleute allem Anschein nach selbst und auch die Mehrheit der Kirchenrechtler und Moraltheologen des Mittelalters. |
Databáze: | OpenAIRE |
Externí odkaz: |